Planetenfotografie mit einer Webcam

Erste Schritte

zum Fotografieren von Planeten erfährt man aus dem Buch Astrofotografie Digital von Stefan Seip, das wärmstens zu empfehlen ist. Außerdem gibt es im Internet zahllose Anleitungen, wie man mit Hilfe einer Webcam tolle Astrofotos erstellen kann. Stellvertretend zu nennen sind die Seiten von Silvia Kowollik (http://www.silvia-kowollik.de/astro/index.htm) und Klaus Hohmann (http://astrofotografie.hohmann-edv.de/grundlagen/) sowie das Tutorial von Peter Wellmann (http://www.gym-vaterstetten.de/faecher/astro/Fotografie/MondfotografieTutorial.htm).

 

Ein sehr ausführliches, allerdings englisch-sprachiges Tutorial findet man außerdem hier: https://nightskypix.com/how-to-stack-images-of-the-moon/

 

Zudem ist ein Programm zum automatischen Trennen von Videos in Einzelbilder und zur Überlagerung der Bilder zu einem Summenbild notwendig. Einige Programme wie Giotto oder Registax gibt es als Freeware im Internet. Nützlich ist außerdem ein gutes Bildbearbeitungsprogramm (Adobe Photoshop, Paintshop Pro oder ähnliche).

 

Die Vorgehensweise

ist realtiv simpel. Mit der Webcam wird fokal (direktes Platzieren des Kamerachips im Hauptfokus des Teleskops) ein Video des Beobachtungsprojektes aufgenommen.

Das Bild links zeigt die weiteren Bearbeitungsschritte anhand des Jupiter, aufgenommen am 5. August 2008 mit der ToUcam und dem ETX-90. Das Video wird in seine Einzelbilder zerlegt (oben links). Die brauchbarsten Bilder werden zu einem Summenbild überlagert, das durch die Überlagerung zwar sehr unscharf, dafür aber rauschfrei ist (oben rechts). Dieses Summenbild wird anschließend geschärft (unten links) und in Bezug auf Helligkeit, Kontrast und Tonwert nachbearbeitet (unten rechts).

 

 

Bresser PC-Okular

Die ersten Versuche bei der Planetenfotografie erfolgten mit dem Meade ETX90-PE und einem Bresser PC-Okular. Die Funktionsweise ist hier analog zu einer echten Webcam. Allerdings ist das Auffinden von lichtschwachen Objekten deutlich erleichtert, die Qualitätsausbeute ist aber beschränkt.

Erstes Objekt der Begierde war Saturn im Mai 2008. Nach dem Auffinden des Planeten am Computerbildschirm wurde eine Barlowlinse der Kamera vorgeschaltet, um eine akzeptable Größe zu erreichen. Dann wurde ein Video (Auflösung 640 x 480) mit 2.000 Bildern aufgenommen, bei einer Einstellung von 25 fps. Mit dem Programm Giotto wurden 200 der 2.000 Bilder überlagert, geschärft und in Paintshop Pro nachbearbeitet (insbesondere Helligkeit, Farbgebung und Kontrast). Nach zwei Nächten ist das anliegende Bild ein erstes vorzeigbares Resultat. Auffällig hier: Der Planet erscheint ovaler als gewöhnlich (liegt an dem Kontrast des Bresser PC-Okular) und die Cassini-Teilung ist nicht zu erkennen.

 

Philips ToUcam / SPC900NC

Die mit Abstand verbreiteste Webcam für die Astrofotgrafie ist die Philips ToUcam oder der Nachfolger Philips SPC900NC.

Und das aus einem guten Grund: Sie bietet in Relation zu ihrem geringen Preis einen sehr lichtempfindlichen Chip. Durch die Möglichkeit, das Objektiv abzuschrauben und durch einen Okularadapter zu ersetzen, ist die Kamera ohne größere Umbauten schnell einsatzbereit. Beim Einsatz der ToUcam zeigt sich schnell, dass im Vergleich zum Bresser PC-Okular ein Auffinden der Objekte (insbesondere bei Verwendung einer Barlowlinse) schwierig ist. Das Livebild am Monitor ist sehr gedämpft und kräuselig. Nach entsprechender Bearbeitung sind die Ergebnisse aber erstaunlich, wie das anliegende Beispiel am Saturn zeigt. Oben das Bresser PC-Okular, unten die Philips ToUcam (jeweils links das Livebild am Monitor und rechts das fertige überarbeitete Foto). Auffällig sind die rundere Planetenform sowie die zu erkennende Cassini-Teilung bei der ToUcam bei gleichzeitig schlechterem Livebild. 

 

Aufnahmeprogramme

FireCapture von Torsten Edelmann
FireCapture von Torsten Edelmann

Neben der Standard-Capturing Software über die Treiber der Kameras gibt es einige, besonders für die Planetenfotografie optimierte Aufnahme-Programme.

Zu nennen wären hier: ICCapture von The Image Source  sowie QGvideo von Astrolumina.

 

Beide Programme werden mit den jeweiligen Kameras der Hersteller ausgeliefert. Es gibt aber auch hervorragende Freeware: z.B. wxAstroCapture oder FireCapture von Torsten Edelmann. Dieses Programm zeichnet sich durch zahlreiche sehr nützliche Features aus, wie z.B. ein Auto-Alignment des Planeten in der Bildmitte (sehr nützlich zum Scharfstellen) sowie ein Pre-Selektion der übertragenen Daten, entweder nach Qualität der Bilder, Ähnlichkeit mit einem Referenzbild oder hellen Objekten (wie der ISS). Dadurch kann die Größe der aufgenommenen Datei stark reduziert werden und die Qualität der Bilder wird erhöht. Besonders wertvoll ist das Programm aber durch die Anpassung der Belichtungseinstellungen an die kleinen Tücken der DMK-Kameras. Das erlaubt ein sehr einfaches Handling der Belichtung, was ziemlich wichtig ist, wenn man bei -15° C mit Handschuhen in der Dunkelheit auf einer kleinen Notebook-Tastatur agieren muss. Zahlreiche kleinere aber sehr feine Hilfen (Region-Of-Interest, Histogramm, Zoom zum Scharfstellen, automatische Dateibenennung nach Filter und Objekt etc.) runden dieses tolle Programm ab.

 

Optimieren der Philips ToUcam

Durch ein genial einfach zu bedienendes Freeware-Programm (WcRmac) kann man die Qualität der Aufnahmen mit der Philips ToUcam auch ohne aufwendigen Umbau erheblich steigern. Eine Anleitung zum Optimieren findet man hier:

http://astrofotografie.hohmann-edv.de/aufnahmetechniken/toucam.optimieren.php

Die Ergebnisse der Optimierung kann man links bewundern. Oben ein original Snapshot. In der Mitte das optimierte RAW-Bild. Unten ein Bild, bei dem mit einem weiteren Freeware-Tool (AviRAW) das RAW-Bild automatisch nachkoloriert wurde. Wichtig bei Aufnahmen mit der Optimierung: Alle Videos, die oberhalb von 10fps aufgenommen wurden, waren durch das USB 1.1 so stark komprimiert, dass die RAW-Bilder unscharf waren und sich nicht nachkolorieren ließen. Daher sollten Planetenvideos immer in der Auflösung 640x480 mit 10 fps oder besser noch mit 5 fps aufgenommen werden.  Leider reduziert sich dabei die Anzahl der Einzelbilder, da bei Aufnahmen > 4 Minuten (240 sec) Unschärfe-Effekte durch die Planetenrotation auftreten. Bei 5 fps bekommt man pro Video also lediglich 1.200 Bilder zum Sortieren und Überlagern. Bei schlechtem Seeing (Verwendung von < 2 % der Bilder) kann es daher sinnvoll sein, die Webcam auf Originaleinstellungen zurückzusetzen.

 

Ein Umbau der Kamera in einen schwarz/weiß-Modus ist wirklich nur erfahrenen Anwendern zu empfehlen, zumal dann Farbbilder nur aufwendig durch den Einsatz von verschiedenen Farbfiltern zu erreichen sind --> L-RGB Aufnahmen.

 

 

Monochrome CMOS-Guidercam ALCCD5

Analog zur Anwendung der Philips-ToUcam bei der Planetenfotografie ist die Nutzung der monochromen Guidercam ALCCD5 von Astrolumina zu sehen. Sie ist primär zum automatischen Korrigieren der Nachführung einer Montierung (Guiding) gedacht. Durch den hochempfindlichen monochromen CMOS-Chip Micron MT9M001 ist sie aber auch hervorragend für die Aufnahme von Planetenvideos geeignet. Die Empfindlichkeit ist vergleichbar mit den s/w-Chip-modifizierten ToUcam, allerdings besitzt die ALCCD5 einen größeren Chip und erreicht dadurch höhere Auflösungen. Durch das Programm QGVideo können unkomprimierte Videos oder Bilderserien aufgenommen und analog zur oben beschriebenen Vorgehensweise bearbeitet werden.

 

Vergleich      SPC900NC      /    ALCCD5      /  Canon EOS 450D

 

Chipgröße:  3,5 x 2,6 mm 6,7 x 5,3 mm  /  22,2 x 14,8 mm

Auflösung:   640 x 480      /  1.280 x 1.024 /  4.272 x 2.848

Pixelgröße:  0,0055 mm    /  0,0052 mm    /  0,0052 mm

 

 

Ermittlung der Förderlichen Brennweite

Zur optimalen Darstellung aller Details des Planeten ist es wichtig, die Förderliche Brennweite des Teleskop-CCD-Systems zu kennen und mittels Barlowlinsen bzw. Reducern einzuhalten. Neben der Pixelgröße geht hier auch das Öffnungsverhältnis des Teleskops (f/D) sowie das Auflösungsvermögen der Optik (Dawes oder Rayleigh) ein:

Förderliche Brennweite = Pixelgröße x 205,92 / Auflösung pro Pixel 

Die beste Darstellung erhält man, wenn 2 Pixel zur Auflösung herangezogen werden --> Auflösungwert / 2.

 

Für das Celestron C9.25 (f/10) ergibt sich bei Verwendung der ALCCD5 daraus eine Förderliche Brennweite bei einer Auflösung von 0,25 Bogensekunden pro Pixel von 4.300 mm. Dies wird durch die Verwendung einer 2x Barlowlinse erreicht. 

 

Mehr zu Förderlichen Brennweiten, Bining, Over-/Undersampling sowie allgemein zur Planetenaufnahmen findet man auf dieser hervorragenden Seite von Frank Brandl:

http://www.frankbrandl.com/htm/webcam.htm (Achtung: Englisch!) 

 

 

L-RGB Aufnahme mit monochromen CCD-Chip

Monochrome Kameras haben gegenüber Farbkameras den Vorteil, dass ihre Aufnahmechips in der Regel deutlich lichtempfindlicher sind. Das liegt daran, dass bei der Aufnahme keine Farbfilterung vorgenommen werden muss.

 

Um dennoch Farbaufnahmen zu erhalten, müssen zusätzlich drei weitere Aufnahmen mit Rot-, Grün- und Blaufiltern (Interferenz oder Farbfilter) gemacht werden. Da diese Aufnahmen nur Informationen über die Farben liefern sollen, benötigen sie keinen perfekten Fokus. Auch Rauschreduktionen durch Mittlung vieler Einzelaufnahmen ist hier entbehrlich.

 

 

 

 

Das Beispiel rechts zeigt die drei zusätzlichen Aufnahmen mit RGB-Filtern.

In Bildbearbeitungsprogrammen wie Photoshop oder auch FITSwork werden diese drei Filteraufnahmen zu einem RGB-Farbbild zusammengefasst.

 

 

 

 

Danach wird die Aufnahme noch geglättet (Gauss-Weichzeichner) und farblich möglichst natürlich abgestimmt:

 

Wie man im Beispiel rechts sieht, funktioniert die farbliche Überlagerung der RGB-Kanäle relativ gut. Nur bei dem lichtspiegelden Glas sind deutliche Farbfehler zuerkennen. Der (künstliche) Stern dagegen hat eine schöne weißlich blaue Farbe. Für Astroaufnahmen eignet sich eine solche Überlagerung.

 

Im letzten Schritt wird die RGB-Aufnahme der Luminanzaufnahme als Farbinformation zugeordnet. In Photoshop erfolgt das über die Ebenenfunktionen in anderen Programmen wie etwa FITSwork gibt es hierfür spezielle Funktionen. Das Ergebnis ist eine Farbaufnahme mit erhöhten Detailgrad.

 

Eine Möglichkeit  ohne Filterwechsel schneller zu eine Farbaufnahme zu kommen, ist mit einer Farbkamera ein Bild des gleichen Objektes aufzunehmen. Die Qualität dieser Aufnahme ist dabei weniger entscheidend als viel mehr den gleichen Bildausschnitt wie im s/w-Bild in Bezug auf Größe (Auflösung) und Drehung zu bekommen. Als "Farbsammler" kann dabei sowohl eine digitale Spiegelreflexkamera als auch eine herkömmliche (unmodifizierte) ToUCam dienen.

 

Das Bild rechts zeigt eine Aufnahme des gleichen Objektes mit einer unmodifizierten ToUCam. Die Farben sind hier besonders auch beim lichtspiegelnden Glas wesentlich natürlicher. Obwohl das Bild im Vergleich zur s/w-Aufnahme eine andere Auflösung besitzt sowie gedreht und gespiegelt ist, kann man mit der Funktion "Bearbeiten-Bild-an ein Zweites anpassen" im Programm FITSwork aus dem höherwertigen monochromen Bild den identischen Ausschnitt herstellen.

 

Fügt man dieses monochrome Bild mit der geglätteten Aufnahme der ToUCam zusammen, erhält man ein hochwertiges und natürlich in der Farbgebung wirkendes Gesamtergebnis. Und das mit nur zwei Aufnahmen und ohne Filterwechsel. Man sieht hier aber auch deutlich, wie wichtig es bei der Farbaufnahme ist den gleichen Bildausschnitt wie bei der monochromen Aufnahme zu wählen. Theoretisch kann auch ein altes Bild als Farbvorlage dienen.

 

Fokussierhilfen

Der richtige Fokus

ist das A und O für ein gelungenes Bild. Geduld und Tecknik sind die einzigen Wege zum Erfolg.

 

Shiftingfreies Fokussieren

ein Traum, wenn es gelingt, ein Albtraum, wenn nicht. Zur Lösung des Problems werden shiftingfreie Fokussiermotoren von den verschiedensten Herstellern angeboten. Zumindest der von Meade für das ETX90 ist mit Vorsicht zu genießen, da der Einbau bei einer falschen Tubusneigung den Spiegel zerstören kann (!!!). Zudem ist ein völlig shiftingfreies Fokussieren, trotz Verbesserung gegenüber der Handfokussierung, hiermit nicht zu erreichen. Als tauglichere (aber meist auch teurere) Variante bieten sich Crayford-Okularauszüge an.  

 

Fokussieren mit einem parfokalen Okularring

ist die beste Variante nachts die Nerven beim Fokussieren zu schonen und Zeit für die Beobachtung zu gewinnen. Einfach am Tag ein beliebiges Objekt mit dem Teleskop anvisieren und mit Hilfe der Webcam am Bildschirm scharfstellen. Dann die Webcam aus dem Okularauszug entfernen und ein Okular so weit in den Auszug einführen, dass ein scharfes Bild ensteht. Diese (exakte) Stellung wird dann mit einem Okularring gesichert. Im Ernstfall (nachts) kann dann das Objekt mit diesem Okular scharfgestellt werden. Das Bild der Webcam sollte dann ebenfalls im exakten Fokus sein. Zur Feststellung eines exakten Fokus eignet sich eine sogenannte Scheinerblende.

 

Die Scheinerblende (Hartmann-Maske)

ist im Grunde die einfachste Fokussiermethode. Sie ist eine Öffnungsabdeckung, in der (normalerweise) zwei Löcher eingelassen sind. Hierdurch entsteht ein doppeltes Bild, das nur im exakten Fokus zu einem verschmiltzt.

Auf http://www.himmelsjaeger.de/technik/index.htm#Hartmann findet man eine sehr gute Beschreibung der Funktionsweise einer solchen Fokussierhilfe.

Man kann sich eine Scheinerblende relativ einfach selber herstellen. Zum Beispiel durch einen KG-Rohrstopfen (mit dem richtigen Durchmesser), in dem die Öffnungen eingelassen werden. Der Innenrand sollte weich ausgekleidet werden, damit man den Tubus nicht zerkratzt. Das Bild zeigt die aus einem KG-Rohrstopfen selbst gebaute Scheinerblende. Aus optischen Gründen wurde sie schwarz lackiert.

 

 

Im Downloadbereich befindet sich die Konstruktionsskizze einer Scheinerblende für ein Celestron C9.25"-Schmidt-Cassegrain. Der Durchmesser der Löcher sollte 1/4 des Öffnungsdurchmessers haben. Die Mittelpunkte der Löcher liegen auf drei unter einem Winkel von 120° vom Zentrum der Optik ausgehenden Linien. Das Maß vom Zentrum der Optik zu den Mittelpunkten der Löcher ist der halbe Abstand vom Fangspiegelrand bis zur Öffnungskante.

 

Wichtig:

Keinen Anstrich oder Lackierung auf der Innenseite anbringen, damit die Optik nicht durch Farbrückstände verunreinigt wird.

 

Beim Aufnehmen der Bilder ist die Scheinerblende natürlich wieder zu entfernen.

 

 

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